So rechnet Private Equity (#6)

10. September 2021 | Leveraged Finance | Private Equity
Von Philipp Habdank

Wissenschaft oder Scheingenauigkeit? Der Maschinenraum eines Private-Equity-Investors ist ein Excel-Sheet. Der Podcast mit dem Private-Equity-Aussteiger Kai Hesselmann über die Zahlenschubserei der Finanzinvestoren.

Ach, was waren das noch für Zeiten, als Private-Equity-Investoren 25 Prozent Rendite erwirtschafteten, allein durch geschickte Finanzakrobatik und die Hebelwirkung von Fremdkapital auf die Eigenkapitalrendite. Leider ist der Wettbewerb und der Anlagedruck in der Beteiligungsbranche inzwischen so groß, dass dieses Financial Engineering allein nicht mehr ausreicht, um Überrenditen zu erwirtschaften.

Private-Equity-Investoren müssen sich schon die Hände schmutzig machen und mit dem Unternehmen tatsächlich arbeiten. Die Wertsteigerung erfolgt heute größtenteils über den Gewinn, genauer gesagt das Ebitda – und um das zu erreichen, setzt die Branche auf Buy and Build. Bei dieser Investmentstrategie kauft ein Finanzinvestor ein größeres Unternehmen als Plattform und dockt während der Haltedauer viele kleinere Unternehmen daran an (Add-ons).

Rechenmodelle von Private Equity werden komplexer

Das allerdings macht die Rechnung im Hintergrund um ein Vielfaches komplexer. Um im Vorfeld zu kalkulieren, für welchen Einstiegspreis sich ein Deal für einen Private-Equity-Investor lohnt, gibt es verschiedene Herangehensweisen. Die einfachste, dafür aber auch ungenaueste, ist sicherlich die Multiplikatormethode. Hier wird schlicht gecheckt, um das Wie-Vielfache des Ebitdas vergleichbare Unternehmen derzeit am Markt gehandelt werden.

Wer es komplexer und aussagekräftiger mag, nutzt das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Modell). Hier bestimmt sich der aktuelle Unternehmenswert, indem zukünftige Cashflows prognostiziert und mit den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten abgezinst werden. Weil das DCF-Modell jedoch super vielen verschiedenen und insbesondere im Mittelstand schwer zu bestimmenden Variablen unterliegt, hat sich in der Private-Equity-Szene das sogenannte LBO-Modell etabliert.

Im Endeffekt kann ich in Excel so viel rechnen, wie ich nur möchte. Der Wert eines Unternehmens ist das, wo sich Angebot und Nachfrage treffen.

Kai Hesselmann, Dealcircle

Analog zum DCF-Modell prognostiziert auch das LBO-Modell künftige Cashflows eines Unternehmens und diskontiert diese in die Gegenwart. Die Unterschiede bestehen darin, dass der Betrachtungszeitraum mit in der Regel nur fünf Jahren (der typische Investmenthorizont von Private Equity) deutlich kürzer ist. Abgezinst wird außerdem nicht mit den Kapitalkosten, sondern mit dem IRR (Internal Rate of Return) – also der Zielrendite, die der Private-Equity-Investor mit dem Investment erwirtschaften möchte. In guten Zeiten waren das einmal 20 bis 25 Prozent – heute sind viele Finanzinvestoren schon froh, wenn sie ihren LPs zwischen zwölf und 15 Prozent nach Hause bringen.

LBO-Modell: Wissenschaft oder Scheingenauigkeit?

Beim LBO-Modell überlegt sich ein Private-Equity-Manager also, welchen Verkaufswert er am Ende der Haltedauer mit dem Unternehmen vermutlich erzielen kann und rechnet dann anhand seiner erwarteten Rendite zurück, welchen Kaufpreis er dafür beim Einstieg höchstens bezahlen darf. Dazwischen befindet sich viel Raum für Fantasie. Das beginnt bei der Modellierung des Business Plans des Unternehmens. Vor jedem Deal muss der Private-Equity-Investor tief in die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens eintauchen und die Bilanz und Finanzierungsstruktur genau anschauen. Die hohe Kunst liegt darin, möglichst genau zu prognostizieren, wie sich in den kommenden fünf Jahren Umsatz und Kosten entwickeln werden.

Wie genau das geht, darüber haben wir mit Kai Hesselmann von Dealcircle im Podcast gesprochen. In einer kompakten halben Stunde erklärt Kai, wie Private-Equity-Investoren rechnen, was die größten Werthebel in den Modellen sind, wie ein komplexes Buy-and-Build-Projekt auf dem Papier entsteht, wo sich Finanzinvestoren bisweilen selbst in die Tasche lügen, wie die Modelle mit der Coronakrise klargekommen sind und wo die Rechenmodelle an ihre Grenzen stoßen. Wir wünschen viel Spaß beim Nerd-Talk!

philipp.habdank@whatsup-cf.de

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