Was geht im Corporate Banking? (#7)

24. September 2021 | Corporate Banking
Von Philipp Habdank

Weil sich die Banken in der Coronakrise prima als Retter inszenieren konnten, sind die eigenen Probleme im Corporate Banking in den Hintergrund gerückt. Höchste Zeit, im Podcast zusammen mit Andreas Becker von Strategy& den Finger in die Wunde zu legen.

Die vergangenen eineinhalb Jahre müssen sich komisch für Banker angefühlt haben. Die Banken haben die Coronakrise nicht nur nicht verursacht, sie spielten vielmehr eine wichtige Rolle, um die Krise zu bewältigen – vor allem indem sie im großen Stil staatliche Förder- und Hilfskredite an Unternehmen durchgeleitet haben. Und das, ohne dabei selbst allzu große Risiken eingehen zu müssen, denn diese tragen vor allem die Förderbanken.

Auch durch diese staatlichen Hilfsmittel blieben die Bilanzen der Banken bislang größtenteils verschont. Die vorübergehend ausgesetzte Insolvenzantragspflicht hat dazu geführt, dass sich die Risikovorsorge in Grenzen hielt. Einige Banken lösen ihre Rückstellungen sogar schon wieder auf und verbuchen Vorsteuergewinne auf Vorkrisenniveau.

Also alles tutti frutti bei den Banken? Geht so. Corona hat zwar von den großen Problemen der Banken im Corporate Banking abgelenkt, aber dadurch sind sie nicht verschwunden. Die Implementierung von Basel III 2.0 – im Volksmund auch Basel IV genannt – wurde wegen Corona zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Durch die Coronakrise wurden Banken gezwungen, die Digitalisierung voranzutreiben, aber wirklich „digital“ ist das Corporate Banking noch nicht. Die Verwaltungskosten sind durch das Home Office zwar gesunken, aber eine wettbewerbsfähige Cost-Income-Ratio im Corporate Banking haben noch immer die wenigsten Banken.

Warum reine Kreditstrategien im Corporate Banking scheitern

Und dann wäre da noch die Sache mit dem Niedrigzinsumfeld – das wahrscheinlich größte aller Probleme der Banken im Corporate Banking, weil es in Kombination mit dem brutalen Wettbewerb das Kreditgeschäft der Banken kaputt macht, an dessen Tropf das deutsche Corporate Banking immer noch hängt.

Vor Corona war die Antwort einiger Häuser auf die schrumpfenden Kreditmargen, das Kreditvolumen zu erhöhen. Auf die Spitze getrieben hat diese Strategie die Commerzbank. Aber auch die HSBC und andere Häuser versuchten sich an einer Kreditoffensive im Mittelstand – immer verbunden mit der Hoffnung, dass die Bank über den billigen Kredit Zugang zum provisionsträchtigen Zusatzgeschäft des Firmenkunden bekommt und die Geschäftsbeziehung damit profitabel macht.

Das Problem bei dieser Wette: Sie wird auch von anderen Banken, Sektor- und Produktspezialanbietern gehalten, denen ziemlich egal ist, ob die kreditgebende Bank das Cross-Selling benötigt, um die Firmenkundenbeziehung profitabel zu gestalten. Ähnlich sieht das auch Andreas Becker von der Strategieberatung Strategy&. Strategien, die allein auf Neukunden und mehr Kreditwachstum abzielen, seien schwierig erfolgreich zu gestalten, so der der ehemalige ING-Banker in der heutigen Podcast-Folge von „What’s up, Corporate Finance?“.

Einige Häuser sind immer noch in Produkten oder Kundensegmenten unterwegs, wo man sich schon die Frage stellen muss, ob das sinnvoll ist.

Andreas Becker, Senior Executive Advisor, Strategy&

Die Zukunft der Banken im Corporate Banking

Andreas zieht den Vergleich zum niederländischen Markt, wo eine Handvoll Banken über 90 Prozent des Marktes kontrollieren. In overbanked Germany kämen die fünf Marktführer im Corporate Banking hingen auf weniger als 30 Prozent Marktanteil. Dadurch sei am Ende bei den reinen Marktanteilsstrategien relativ wenig Gewinn hängen geblieben. Dennoch hält Andreas die kreditvolumengetriebene Marktanteilsstrategie oder gar das CIB-Modell der Banken nicht für „grundsätzlich“ gescheitert.

Andreas sieht auch Häuser, die damit sehr erfolgreich sind. Was die erfolgreichen Banken anders machen, woran die meisten Strategien kranken, was die Eigentümerstruktur damit zu tun hat, warum sich Banken so schwer damit tun, unprofitables Geschäft abzuschneiden, wie es um das deutsche Corporate Banking steht und warum die bislang überschaubare Risikovorsorge trügerisch ist. All das analysiert Andreas im Podcast, den Sie wie immer auch auf fast allen gängigen Podcast-Plattformen finden. Kleiner Spoiler: In punkto Digitalisierung gibt Andreas den deutschen Banken eine 3+. Wir wünschen viel Spaß beim Hören!

philipp.habdank@whatsup-cf.de

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