Banken vs. Debt Funds: Das Imperium schlägt zurück (#10)

19. November 2021 | Leveraged Finance
Von Philipp Habdank

Banken holen sich Marktanteile zurück, Debt Funds bepreisen die Unitranche falsch, Nichtbanken mogeln sich in die Banken-League-Tables, und der Markt hat das bisherige Rekordjahr 2017 pulverisiert – der Leveraged Finance Talk zum dritten Quartal mit Thorsten Weber von GCA Altium.

Seit der Finanzkrise haben die rebellierenden Debt Funds den Banken im mittelständischen Leveraged-Finance-Geschäft Quartal um Quartal Marktanteile abgenommen. Und wir stellten uns die Frage, ob die Banken den Vormarsch von Private Debt überhaupt noch irgendwie stoppen können. Ja, sie scheinen es zu können – zum ersten Mal seit fünf Jahren konnten die Banken im zurückliegenden Quartal etwas an Boden gutmachen.

Kontrollierten die Debt Funds zuletzt gemessen an der Transaktionszahl rund zwei Drittel des Marktes, waren es im zurückliegenden dritten Quartal nur noch rund 55 Prozent. Das zeigt der neue Midcap Monitor von GCA Altium, in den wir vorab wieder exklusiven Einblick erhalten haben. Für den Monitor zählt die Investmentbank-Boutique vierteljährlich alle Private-Equity-finanzierten Übernahmen von Unternehmen im deutschsprachigen (und europäischen) Raum, deren Finanzierungsvolumen zwischen 20 und 500 Millionen Euro lag.

Die Gründe für das Leveraged-Finance-Comeback der Banken

„Ich würde schon sagen, dass die Banken eine hohe Motivation haben, verlorene Marktanteile zurückzuholen“, kommentiert Finanzierungsberater Thorsten Weber im Podcast bei „What’s up, Corporate Finance?“ das Ergebnis. Dass den Banken das im vergangenen Quartal gelungen ist, hat Thorsten zufolge vor allem zwei Gründe:

  • Die Banken haben mehr „50/50-Entscheidungen“ gewonnen, bei den sich der Kreditnehmer zuletzt eher für Debt Funds entschieden hat.
  • Vor allem aber haben Private-Equity-Gesellschaften auch wieder mehr Firmen außerhalb der so gehypten Sektoren Healthcare und Software/IT gekauft.

Insbesondere das Sektorenargument ist interessant: Thorsten beobachtet im Vergleich zu den Vorquartalen wieder mehr PE-Transaktionen im Industriesektor und im verarbeitenden Gewerbe. Bei diesen Branchen spricht aus seiner Sicht viel für die Banken, weil diese Unternehmen viel Working Capital benötigten und damit Bedarf an größeren Aval- oder Betriebsmittellinien hätten. „So etwas haben die Debt Funds in einer Super-Senior-Stellung nicht gerne vor sich“, meint Thorsten.

Ich würde schon sagen, dass die Banken eine hohe Motivation haben, verlorene Marktanteile zurückzuholen.

Thorsten Weber, GCA Altium

Bei Healthcare- und Software-Transaktionen ist die Lage anders. Die Unternehmensbewertungen in diesen gehypten Branchen sind deutlich höher und damit auch der Bedarf an Fremdkapital. Bei diesen Transaktionen geht es in erster Linie darum, welcher Finanzierer den größten Leverage mitgehen und das größte Finanzierungsticket unterschreiben kann. Hier punkten vor allem die Debt Funds mit ihrem größeren Risikoappetit zu höheren Margen, tieferen Taschen und geringeren regulatorischen Einschränkung.

Midcap Monitor: League Tables Leveraged Finance

Die Konkurrenz belebt jedenfalls das Geschäft – und das brummt. Waren das erste Halbjahr und insbesondere das zweite Quartal schon überdurchschnittlich gut, hat das dritte Quartal mit 38 Transaktionen nochmal alles Bisherige getoppt. Mit nun bereits 102 Transaktionen nach neun Monaten ist das Rekordjahr im deutschen Midcap-Leveraged-Finance-Markt kaum noch zu verhindern, zumal das vierte Quartal naturgemäß zu den aktivsten gehört. Zwei kümmerliche Transaktionen braucht es noch, um den Rekord aus 2017 zu übertreffen.

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Die Geschichte zu den Midcap Leveraged Finance League Tables hingegen ist im dritten Quartal recht schnell erzählt. Die in diesem Jahr ohnehin aktivsten LBO-Banken haben jeweils drei Transaktionen finanziert: LBBW, OLB, Credit Suisse und unsere LBO-Bank, die keine sein will – die Apo Bank. Letztere hat sich zusätzlich die Quartalskrone mit den meisten Super-Senior-Finanzierungen aufgesetzt. Hinter diesem Quartett kommt erst einmal sehr lange nichts. Bei den Debt Funds führt das Feld weiterhin Pemberton an, doch das Verfolgerfeld ist bei den Kreditfonds deutlich enger als bei den Banken – weil Debt Funds austauschbar sind?

Akquivest, Allianz & Co.: Die Nichtbanken in den Bankenlisten

Ein vermeintlich kleines Detail in den Banken-League-Tables, fanden wir dann aber doch sehr bemerkenswert: Die Bankenliste ist längst keine reinrassige Bankenliste mehr. Heißt: Mit Akquivest, Allianz, Eurazeo, Muzinich und Oddo BHF haben sich inzwischen gleich fünf Nichtbanken in die Liste geschlichen. Oddo BHF übrigens hat bislang ausschließlich Senior-Finanzierungen gemacht und sich zuletzt via LinkedIn für die erste ausgereichte Unitranche gefeiert.

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Laut Thorsten sind das Parteien, die „ein sehr breites Mandat haben und Senior Terms mitgehen können“ – mit anderen Worten: Sie können zu Bankkonditionen finanzieren. Speziell die Allianz habe schon länger ein Kreditbuch, aus dem sie erstrangig besicherte Senior-Kredite vergeben könne. Auch hinter dem Debt Fund Akquivest steht mit der genossenschaftlichen R+V eine Versicherungsgesellschaft. Die Versicherer scheinen sich mit weniger Rendite zufriedenzugeben als andere institutionelle Investoren, die Debt Funds ihr Geld anvertrauen. 

Debt Funds bepreisen die Folos falsch

Durch den wachsenden Anlagedruck sind die Renditeerwartungen in der Anlageklasse Private Debt zuletzt gesunken. Speziell bei den Folo-Strukturen, bei denen sich eine Bank und ein Debt Fund zusammentun, herrscht eine Debatte darüber, ob die Debt Funds ihre Finanzierung falsch bepreisen.

Sobald sich – wie bei den Folos – eine Bank in der Kapitalstruktur oder im Rang mit einer Super-Senior-Finanzierung vor den Debt Fund setzt, müsste die dadurch im Rang nach hinten rutschende Unitranche eigentlich teurer werden. In der Praxis tut sie das wegen des hohen Wettbewerbs unter den Debt Funds aber nicht. Stattdessen wird dem Kunden – in diesem Fall der Private-Equity-Gesellschaft – durch die Beimischung der Bankentranche ein niedrigerer gemischter Zins versprochen als bei einer reinen Debt-Fund-Finanzierung ohne Bank.

Die weiteren Themen im Podcast

Über all das hat Thorsten heute im Podcast bei „What’s up, Corporate Finance?“ gesprochen – und natürlich noch über vieles mehr. Unsere weiteren Themen:

  • Die Übernahme von GCA durch Houlihan Lokey steht kurz vor dem Abschluss. Wie schlagkräftig ist das neue Debt-Advisory-Team?
  • Was geht aktuell beim Leverage und Pricing?
  • Warum werden Recaps bei Private-Equity-Gesellschaften immer unbeliebter?
  • Wie laufen Finanzierungsverhandlungen in Zeiten von Corona- und Lieferkettenkrise, steigender Inflation und womöglich steigender Zinsen?
  • Hauptsache billig und schnell – oder gibt es noch so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal bei LBO-Finanzierern?
  • Vier Banken und die Allianz zusammen bei der Refinanzierung der Sport Group: Revival des Banken-Clubs?
  • Und zum Schluss hat sich Thorsten auf ein Leveraged-Finance-Tippspiel eingelassen und einen Blick in die Glaskugel gewagt.

Wie immer gibt es die aktuelle Folge auch auf allen gängigen Plattformen, wo es Podcasts gibt: Spotify, Apple, Google, Deezer, Audible. Wir wünschen viel Spaß beim Hören!

philipp.habdank@whatsup-cf.de

Info: Wer sich den Rückblick zum ersten Halbjahr im Leveraged-Finance-Geschäft noch einmal anhören möchte, dem sei Folge (#4) ans Herz gelegt. Noch mehr spannende Interviews aus der Corporate-Finance-Szene gibt’s in unserer Podcast-Audiothek.

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