Midcap Monitor: Senior Debt Funds im Banken-Club (#26)

Von Philipp Habdank

Ausscheidende Banken werden im Club durch Senior Debt Funds ersetzt, der Markt besteht gefühlt nur noch aus Add-on-Finanzierungen und die geopolitisch und wirtschaftlich unsichere Lage beschäftigt die Finanzierer. Der Leveraged-Finance-Talk zum ersten Quartal mit Thorsten Weber von Houlihan Lokey und Frank Gerhold von Akquivest mit exklusiven Zahlen zum neuen Midcap Monitor.

Immer mehr Banken sehen für sich keine Zukunft mehr im Leveraged-Finance-Geschäft. Im aktuellen Podcast nennt Finanzierungsberater Thorsten Weber von der Investmentbank Boutique Houlihan Lokey konkret vier Häuser, die den Markt verlassen haben: BayernLB, IKB, NIBC und Hamburg Commercial Bank (HCOB). Durch den Rückzug dieser Banken habe sich ein Vakuum aufgetan, das neunen Finanzierungspartnern Einstiegsmöglichkeiten biete.

„Wir haben im ersten Quartal ein paar Mal gesehen, wo ein Private-Equity-Investor Buy and Build machen möchte, wo aber genau so eine der Parteien aktiv ist, die eigentlich nicht mehr aktiv ist“, sagt Weber. In diesen Fällen brauche man entsprechenden Ersatz, der nicht nur die Buy-and-Build-Strategie mitgehen könne, sondern der auch in Zukunft ein verlässlicher Partner sei. 

„Lame Leveraged Finance Duck“ im Banken-Club

Diese „Lame Ducks“ können für den Private-Equity-Investor offenkundig ein Problem sein: „Nichts ist aus unserer Sicht schlimmer, als jemanden im Konsortium zu haben, der dem Geschäft abgeschworen hat“, sagt Finanzierungsberater Weber, der sich gar nicht vorstellen möchte, wie sich diese Parteien in schwierigeren Situationen verhalten, wenn sie schon vermeintlich positive Anlässe wie eine Wachstumsfinanzierung nicht mehr mitgehen können wollen.

Nichts ist aus unserer Sicht schlimmer, als jemanden im Konsortium zu haben, der dem Geschäft abgeschworen hat.

Thorsten Weber, Houlihan Lokey

Aus Private-Equity-Sicht spricht also einiges dafür, diese Banken auszutauschen. Das passiert auch – aber offenbar nicht durch andere Banken oder einen großen Debt Fund, der die Finanzierung über eine Unitranche komplett ablöst, sondern vermehrt durch Senior Debt Funds, die die ausscheidenden Banken eins zu eins, pari passu im Banken-Club ersetzen.

Diese Debt Funds können Senior (oder sowas ähnliches)

Von diesen Debt Funds, die Bankkonditionen mitgehen können, gibt es immer mehr am Markt. Houlihan Lokey hat im Zuge der Erstellung des aktuellen Midcap Monitors für uns eine kleine Umfrage unter Debt Funds gemacht und 17 Debt Funds, beziehungsweise Banken mit Kreditfonds, identifiziert, die Senior-Finanzierungen oder ähnliche Strukturen anbieten können. Et voilà, das sind sie (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wenn wir Senior-Häuser übersehen haben sollten: gern melden!)

  • Akquivest
  • Allianz
  • Amundi
  • Arcmont
  • Arcos
  • Barings
  • Berenberg
  • Blackrock
  • Eurazeo
  • Hauck & Aufhäuser
  • Hayfin
  • Hermes
  • ICG
  • M&G
  • Muzinich
  • Oddo BHF
  • Pemberton

Einige der Fonds haben laut Weber dedizierte Senior-Fonds, namentlich nennt der Finanzierungspartner hier Blackrock und Pemberton (Über die Pemberton-Strategien haben wir mit Jürgen Breuer in Folge #22 gesprochen). „Es gibt aber auch Häuser, die einfach ein sehr breites Mandat haben und vom Senior Loan über die Unitranche alle möglichen Strukturen abbilden können“, sagt Weber. Gute Beispiele hierfür seien Hayfin und Muzinich. Und dann sind da noch die Häuser, die sich voll und ganz auf Senior-Finanzierungen konzentrieren.

Akquivest: Die Bank im Debt-Fund-Gewand

Einer dieser Fonds ist Senior Debt Funds ist Akquivest, der inzwischen auf 500 Millionen Euro aufgestockte Debt Fund des ehemaligen Private-Equity-Managers Frank Gerhold. Hinter Akquivest steht mit R+V eine große deutsche Versicherung. Der Fonds hat laut Gerhold quasi eine Evergreen-Struktur, investiert pro Transaktion 10 bis 50 Millionen Euro und arbeitet gern mit anderen Finanzierungspartnern zusammen – mit den Hausbanken sowieso, aber auch mit anderen Debt Funds wie LFPE und Capital Four, zu denen Akquivest laut Gerhold gute Beziehungen unterhält.

Gerade machen wir auch eine Transaktion mit zwei Baken pari passu.

Frank Gerhold, Akquivest

„Gerade machen wir auch eine Transaktion mit zwei Baken pari passu“, sagt Gerhold im Podcast. Eine typische Kooperation mit Debt Funds hingegen sieht anders aus. Hier nimmt Akquivest maximal 3x Leverage, man sei konservativ im Ansatz und habe eine harte Linie beim Nettoverschuldungsgrad, der nicht überstiegen werden soll. Auch eine tilgende Tranche ist laut Gerhold bei einer Akquivest-Finanzierung dabei. Den höheren Leverage nehmen dann risikofreudigere Debt Funds.

Midcap Monitor: Rekord-Quartal, Add-on-Flut, kaum Secondaries und extremer Fokus auf vermeintliche Top-Assets

Banken im Club zu ersetzen – hier scheint gerade eine Nische für Debt Funds zu entstehen. Die breite Masse finanziert dem uns exklusiv vorliegenden Midcap Monitor zufolge aber weiterhin über die Unitranche. Von den 37 Transaktionen im ersten Quartal, waren 25 Unitranche- und nur 12 Senior-Finanzierungen. Der aktivsten Senior-Lender waren Vorjahressieger LBBW, HSBC und Investec. Die meisten Unitranche-Finanzierungen reichten Eurazeo und Ardian (je 3) aus und die aktivste Super-Senior-Bank war einmal mehr der Folo-Champion Berenberg (3).

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Das erste Quartal war Weber zufolge gemessen an der Transaktionsanzahl das stärkste seit Bestehen des Midcap Monitors und schließt nahtlos an das Rekordjahr 2021 an, das mit über 160 Transaktionen alle bisherigen Rekorde sprengte. Dass dieser Erfolg in diesem Jahr wiederholbar ist, erwartet aber weder Finanzierungsberater Weber noch Debt-Fund-Manager Gerhold. Zum einen, weil viele der Transaktionen wohl noch im extrem starken Q4 2021 angestoßen wurden und damit vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine in die Wege geleitet wurden.

Krieg und Krisen verändern Leveraged Finance

Die anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten machen aber auch vor dem im Vergleich zu den liquiden Kapitalmärkten deutlich trägeren Leveraged-Finance-Markt nicht gänzlich halt. Krieg in der Ukraine, steigende Rohstoff- und Energiekosten, Inflation und steigende Zinsen – all das bremst den Markt nicht komplett aus, aber schon ab – und verändert ihn.

Wo man Probleme sieht, lässt sowieso jeder die Finger von, weil die Probleme tendenziell zunehmen werden.

Frank Gerhold, Akquivest

Grundsätzlich ist zu beobachten: „Wo man Probleme sieht, lässt sowieso jeder die Finger von, weil die Probleme tendenziell zunehmen werden“, sagt Gerhold. Differenzierung ist darum das Schlagwort der Stunde. Auf die vermeintlich guten Assets stürzen sich alle – und die hat Private Equity schon in der Coronakrise insbesondere in den beiden Sektoren Software/IT und Healthcare ausgemacht. Laut Thorsten Weber fanden im ersten Quartal über 60 Prozent aller Transaktionen in diesen beiden Sektoren statt. Fast jede zweite Finanzierung war ein Software-Deal. Irre!

Viel Buy, wo bleibt das Build?

Der Herdentrieb hat vor allem zwei Gründe: Die Private-Equity-Branche glaubt a) dass diese beiden Branchen krisensicher sind und b) dass dort die Buy-and-Build-Strategien prima aufgehen. Das wiederum führt uns zu der nächsten krassen Midcap-Monitor-Zahl: 45 Prozent (!) aller Q1-Transaktionen waren Add-on-Finanzierungen. Niemals zuvor gab es prozentual betrachtet in einem Quartal mehr Add-on-Finanzierungen. Das dürfte einen handfesten Grund haben: Die Buy-and-Build-Strategien der im vergangenen Jahr en masse übernommen Software-Plattformen werden jetzt offenbar breit ausgerollt.

Die Kehrseite der Medaille: Private Equity reicht Portfoliounternehmen so selten wie nie an den nächsten Finanzinvestor weiter. Lediglich 8 Prozent aller Finanzierungen entfielen im ersten Quartal auf die sogenannten Secondaries – ein historischer Tiefstand. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren machten Secondary-Finanzierungen noch 32 Prozent und Add-ons lediglich 19 Prozent aus.

Was sagt uns diese Trendumkehr? Zum einen scheint der Markt seine Abhängigkeit von Primaries und Secondaries reduziert zu haben. Das ist eine gute Nachricht für Finanzinvestoren. Zum anderen hat die Private-Equity-Branche aber auch eine gigantische Software-Wette aufgemacht, deren positiver Ausgang vor allem von zwei Faktoren abhängen dürfte: Bekommt Private Equity die vielen Zukäufe auch vernünftig integriert, sodass am Ende eine Plattform entsteht, die nicht nur größer ist und mehr Umsatz, sondern auch substanziell mehr Gewinn macht? Und haben die hohen Bewertungen für Software-Assets auch in vier oder fünf Jahren weiter Bestand?

Die weiteren Themen im Podcast mit Thorsten Weber und Frank Gerhold

Über all das und noch viel mehr haben wir im Podcast mit Thorsten Weber und Frank Gerhold gesprochen. Unsere weiteren Themen:

  • Alle Hintergründe zum ersten Midcap-Leveraged-Finance-Quartal
  • Banken oder Debt Funds: Wer geht entspannter mit der unsicheren Lage um?
  • Welche kritischen Fragen stellen Finanzierer derzeit bei Finanzierungsverhandlungen?
  • Wie gehen Fremdkapitalgeber mit der steigenden Inflation um?
  • Covenants??? Beim Debt Fund???
  • Die Rolle der Versicherungen bei den Senior Debt Funds
  • Wie auskömmlich sind die Renditen der Senior Funds?
  • Steht hier etwa bald ein neues Fundraising bei Akquivest an?
  • Fragen-Quicky (mit Karriere-Tipps)

Die die Folge ist wie immer überall dort zu finden, wo es Podcasts gibt: Apple Podcasts, Spotify, Google Podcasts, Deezer, Amazon Music.

philipp.habdank@whatsup-cf.de

Info-Box: Noch mehr spannende Interviews aus der Corporate-Finance-Welt gibt’s in unserer Podcast-Audiothek. Noch mehr Hintergründe bietet die Themenseite Leveraged Finance.

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