GP-led Secondary: Wie sich Private Equity selbst beglückt (#11)

3. Dezember 2021 | M&A | Private Equity
Von Philipp Habdank

Private Equity verkauft das eigene Portfoliounternehmen an sich selbst? Was früher verpönt war, nennt sich heute GP-led Secondary und wird von Sekundärmarktinvestoren gefeiert. Britta Lindhorst von HQ Capital erklärt im Podcast, wieso das so ist.

Eigentlich waren die Rollen im Private-Equity-Geschäft ziemlich klar verteilt: Auf der einen Seite gibt es die General Partner (GPs), die einen Fonds verwalten und mit dem Geld Unternehmen kaufen. Auf der anderen Seite gibt’s die Limited Partner (LPs), die den Private-Equity-Managern das Geld für die Übernahmen bereitstellen. Dafür gibt’s drei Wege: Die LPs können a) in einen Private-Equity-Fonds investieren oder b) über den Sekundärmarkt einem anderen LP dessen Fondsanteile abkaufen. Die Branche spricht in diesem Zusammenhang von Primaries und Secondaries. Oder LPs können c) als Co-Investor parallel zum Fonds zusammen mit dem Private-Equity-Manager direkt in einzelne Unternehmen investieren.

Was sind GP-led Secondaries?

Mit dem Sekundärmarkt der LPs hatten die Private-Equity-Manager aber eigentlich nichts zu tun – bis die sogenannten „GP-led Secondaries“ in Mode kamen. Bei einer GP-geführten Sekundärmarkttransaktion nimmt ein Private-Equity-Manager eines oder mehrere seiner Portfoliounternehmen aus dem bestehenden Fonds und packt diese in ein eigenes Investmentvehikel. Die bestehenden LPs des Fonds können sich dann entscheiden, ob sie sich auszahlen lassen möchten oder ob sie in das neue Vehikel – auch Continuation Fund genannt – investieren wollen.

Je nachdem wie diese Transaktion strukturiert ist, hat das Investment für den LP dann eher Primary- oder Secondary-Charakter: Wird nur ein Unternehmen übertragen, haben wir einen sogenannten „Single-Asset-Deal“ und das Risiko-Rendite-Verhältnis des LPs ähnelt dem eines Co-Investments. Werden hingegen mehrere Unternehmen übertragen nennt sich das „Multi-Asset-Deal“ und die Transaktion entspricht für den LP eher dem Profil eines traditionellen Secondary.

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Der Private-Equity-Sekundärmarkt bricht alle Rekorde

Während hinten raus nicht immer ganz klar ist, aus welchem Geldtopf der LP den GP-geführten Secondary finanziert, ist eine Sache immer gleich: Der Private-Equity-Manager macht keinen echten Exit, sondern bleibt der Eigentümer der Firma. Er verkauft das Unternehmen an sich selbst – ein „Inzest-Buy-out“, wenn man so will. Früher war es bei den LPs verpönt, wenn ein Private-Equity-Manager sein Portfoliounternehmen intern von einem Fonds in den nächsten schob.

Heute werden die Inzest-Buy-outs von LPs nicht nur toleriert, sondern regelrecht gefeiert – und zwar so sehr, dass sie dem globalen Private-Equity-Sekundärmarkt dieses Jahr wohl zu einem neuen Rekord verhelfen. Dem „Global Secondary Market Review“ der Investmentbank Jefferies zufolge betrug im ersten Halbjahr das weltweite Transaktionsvolumen am Private-Equity-Sekundärmarkt 48 Milliarden US-Dollar. 60 Prozent des Volumens waren GP-geführte Secondaries. Und von diesen 29 Milliarden Dollar wiederum waren rund 45 Prozent Single-Asset-Deals. Bis zum Jahresende soll der Private-Equity-Sekundärmarkt auf 90 bis 100 Milliarden Dollar Transaktionsvolumen anwachsen. Jefferies rechnet mit Inzest-Buy-outs im Wert von bis zu 50 Milliarden Dollar – mehr gab es noch nie.

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Private Equity kann Unternehmen länger halten

Dem erstaunten Beobachter stellen sich zwei wesentliche Fragen: Warum wählen immer mehr Private-Equity-Manager den Inzest-Buy-out als Alternative zum echten Exit via M&A oder Börsengang? Und warum fahren die LPs so darauf ab? Das haben wir im Podcast mit Britta Lindhorst von HQ Capital diskutiert – einem Investor, der als LP die komplette Investment-Klaviatur spielt und selbst auch schon in GP-geführte Secondaries investiert hat.

Laut Britta finden Private-Equity-Manager diese Deals vor allem dann spannend, wenn sich der Fonds am Ende seiner Laufzeit befindet (Jahr 10+), die LPs ihr Geld zurückwollen und es noch ein oder mehrere Unternehmen im Fonds gibt, für die der Manager noch keinen Exit gefunden hat. Speziell die wachstumsstarken Unternehmen würde der Private-Equity-Manager oft gerne noch länger begleiten.

Der Unterschied ist, dass ich eine Bewertung habe, die von einem Dritten kommt.

Britta Lindhorst, HQ Capital

Dieses Problem ist nicht neu, doch LPs haben Fondsüberträge bislang nicht gern gesehen. Was ist bei den Inzest-Buy-outs anders? „Der Unterschied ist, dass ich eine Bewertung habe, die von einem Dritten kommt“, sagt die Investorin. Bei jedem Fondsübertrag hat der Private-Equity-Manager einen handfesten Interessenskonflikt: Für die LPs des alten Fonds muss er den Verkaufspreis des Portfoliounternehmens maximieren, für die LPs des neuen Fonds und sich selbst muss er ihn minimieren.

Private-Equity-Manager haben Interessenskonflikt

Diesen Konflikt zu lösen, ist fast unmöglich, denn ein echter Marktwert ergibt sich nur bei einem echten Exit. Britta Lindhorst zufolge laufen die Vorbereitungen bei einem GP-geführten Secondary wie bei einem echten Exit. „In der Regel wird ein M&A-Berater mandatiert, der einen Preis stellt oder man hat schon interessierte Käufer, die vor nicht allzu langer Zeit einen Preis abgegeben haben“, sagt Britta. Um die LPs von der Transaktion zu überzeugen sei eine gute und offene Kommunikation mit dem Manager wichtig. „Und die Verträge müssen natürlich so ausgestaltet sein, dass auch in Zukunft eine Interessensgleichheit besteht“, sagt Britta Lindhorst.

Die Verträge müssen natürlich so ausgestaltet sein, dass auch in Zukunft eine Interessensgleichheit besteht.

Britta Lindhorst

Will heißen: Es kann nicht sein, dass der Private-Equity-Manager seinen Carry aus dem Investment komplett vereinnahmt. „Es liegt nicht immer in der Macht der LPs, aber der GP sollte einen signifikanten Teil des Carrys dann auch wieder in das überführte Vehikel reinvestieren“, fordert Britta. Die ganze Geschichte funktioniert nur, wenn sich LP und GP kennen und vertrauen und auch nur, wenn das Unternehmen eine tolle und glaubhafte Wachstumsgeschichte erzählt. Dann können nach weiteren drei bis fünf Jahren Haltedauer alle Beteiligten mehr Geld verdienen als bei einem echten Exit.

Blöd sieht die Sache nur für die LPs aus dem alten Fonds aus, die nicht in das neue Vehikel investieren können oder wollen. Der Private-Equity-Manager muss den Deal zwar allen LPs zu gleichen Konditionen anbieten, aber Private-Equity-Dachfonds sind auf Liquidität angewiesen, und bei konservativen Investoren lässt die Strategie oft nur Primary-Investments zu. Wir lassen uns hier gerne eines Besseren belehren, aber bezweifeln doch stark, dass der Private-Equity-Manager den Preis beim Inzest-Buy-out genauso maximiert wie beim Verkauf an einen anderen Strategen oder Finanzinvestor. 

Inzest-Buy-outs sind Renditekicker

Für die LPs, die ihre Anteile aus dem alten in den neuen Fonds „rollen“ wie es im Fachjargon so schön heißt, lohnt sich das Geschäft finanziell. Wir erinnern uns nochmal kurz, dass die Sekundärmarktinvestoren ursprünglich nur Private-Equity-Portfolios von andern LPs kaufen. Diese Investments haben im Vergleich zu Primaries wegen ihrer kürzeren Haltedauer naturgemäß zwar einen etwas höheren IRR (annualisierte Rendite), dafür aber auch ein geringeres Multiple (Vervielfachung des Einsatzes): Das liegt Britta Lindhorst zufolge bei 1,5x oder 1,6x – einfach, weil der LP nicht von Anfang an mit dabei ist und nicht die komplette Wertschöpfungskette von Private Equity mitnehmen kann. 

Die GP-geführten Secondaries hingegen – insbesondere die Single-Asset-Deals – sind für den LP wieder wie ein neues Investment mit drei bis fünf Jahren Haltedauer zu betrachten, weshalb das Multiple laut Britta Lindhorst auch mal signifikant über 2x liegen kann. „Die GP-led-Deals sind damit für das gesamte Secondary-Portfolio so eine Art Renditekicker“, sagt Britta. Das Problem: Die meisten großen Sekundärmarktinvestoren dürfen nur einen bestimmten Prozentsatz ihres Portfolios mit Co-Investments füllen.  

Die GP-led-Deals sind damit für das gesamte Secondary-Portfolio so eine Art Renditekicker.

Britta Lindhorst

Immer mehr Megafonds am Sekundärmarkt

Es verwundert daher nicht, dass die großen Sekundärmarkt-Player gerade wie wild Gelder für neue Fonds einsammeln, die speziell in die GP-geführten Secondaries investieren können. Hier entsteht gerade eine komplett neue Anlageklasse im LP-Universum. Laut der Investmentbank Evercore verfügt der gesamte Private-Equity-Sekundärmarkt im ersten Halbjahr 2021 über 93 Milliarden Dollar trockenes Pulver. Weitere 64 Milliarden Dollar sollten in den folgenden zwölf Monaten eingesammelt werden. Von diesen Fonds wiederum wollen 10 Prozent dezidierte Single-Asset-Fonds auflegen.

Domminiert wird der Markt vor allem von den großen Megafonds. Fonds, die größer als 5 Milliarden Dollar sind, haben laut Evercore im ersten Halbjahr 2021 allein 40 Prozent des globalen Transaktionsvolumens im Private-Equity-Sekundärmarkt ausgemacht.

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Sofern unsere These zu der Preisthematik stimmt, sind die Inzest-Buy-outs eine prima Gelegenheit für Sekundärmarktinvestoren, um Direktinvestments zu machen – und das zu vergünstigen Einstiegspreisen. Ist der Trend nachhaltig, könnte er den Private-Equity-Markt verändern. Wir haben dazu ein paar Thesen aufgestellt: a) Für Private Equity entsteht ein neuer „Exit"-Kanal. b) Die durchschnittliche Haltedauer von Private Equity verlängert sich. c) Die Inzest-Buy-outs gehen zu Lasten der Secondary-Buy-outs. d) Mehr Inzest-Buy-out-Fonds erhöhen den Druck auf die Private-Equity-Manager, auch GP-geführte Secondaries durchzuführen. e) Private-Equity-Manager brauchen noch mehr Fingerspitzengefühl beim Handling ihrer LPs. f) Das Konzentrationsrisiko in den Portfolios der LPs wird größer.

Unsere weiteren Themen im Podcast mit Britta Lindhorst

  • Wie super sind denn die Private-Equity-Returns noch?
  • Wie schaut HQ Capital auf die GP-geführten Secondaries?
  • Wie laufen diese Deals ab?
  • Warum boomen die Transaktionen in den USA, finden in Deutschland bislang aber nur vereinzelt statt?
  • Wie lange hält der Trend an?
  • Ist das traditionelle Fondsmodell von Private Equity überholt?
  • Und wie bewertet ein LP die ESG-Bemühungen der Private-Equity-Manager?

Über all das uns noch mehr hat Britta Lindhorst im Podcast gesprochen, der wie immer überall dort zu finden ist, wo es Podcasts gibt: Spotify, Apple, Google, Deezer, Amazon. Viel Spaß beim Hören!

philipp.habdank@whatsup-cf.de

Info: Noch mehr spannende Podcasts gibt’s in unserer Audiothek. Mehr Hintergründe aus der Welt der Finanzinvestoren liefern unsere Themenseiten zu Private Equity und Private Debt.

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