Exklusiv: Nestlé kauft Ankerkraut – EMZ Partners macht fast 3x Geld (#20)

13. April 2022 | Private Equity
Von Philipp Habdank

Der Lebensmittelgigant Nestlé übernimmt den Gewürzhändler Ankerkraut. Die bestehenden Investoren um Frank Thelen und EMZ Partners machen ordentlich Kasse, aber wie zuvor schon bei Just Spices, zieht Private Equity gegenüber Strategen den Kürzeren. Alle Hintergründe zum Deal im Podcast mit Guntram Kieferle.

Nächste Übernahme eines deutschen Gewürz-Start-ups: Nach Just Spices tut sich auch dessen direkter Wettbewerber Ankerkraut mit einem internationalen Strategen zusammen. Wie vor wenigen Minuten bekannt gegeben wurde, hat der Schweizer Lebensmittelgigant Nestlé das aus der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ bekannte Start-up Ankerkraut übernommen.

Verkäufer sind neben dem Gründerehepaar Anne und Stefan Lemcke auch der Start-up-Investor Frank Thelen und der Familienvertraute Matthias Knälmann sowie der Private-Equity-Investor EMZ Partners. Die Franzosen haben seit Anfang 2020 ein Büro in München und sind seit Mitte 2020 mit rund 20 Prozent an Ankerkraut beteiligt. Mit dessen Investment Director Guntram Kieferle haben wir im Podcast exklusiv über den Ankerkraut-Deal und die Deutschlandstrategie des französischen Private-Equity-Newcomers gesprochen.

Laut Guntram Kieferle haben alle bestehenden Investoren ihre Anteile verkauft. Die beiden Gründer werden sich aus dem operativen Tagesgeschäft zurückziehen. „Sie werden aber weiterhin eine wichtige Rolle einnehmen, insbesondere als Markenbotschafter“, sagt der EMZ-Manager. Auch das bestehende Management von Ankerkraut um Finanzchef Alexander Schwoch und Marketingchef Timo Haas bleiben signifikant beteiligt. Die neue Gesellschafterstruktur ist ähnlich wie bei Just Spices, wo der neue Mehrheitseigner Kraft Heinz 85 Prozent der Anteile hält.

Ankerkraut könnte fast 200 Millionen Euro wert sein

Der Verkauf an Nestlé ist für Ankerkraut ein Ritterschlag. 2016 pitchten Anne und Stefan Lemcke ihr Start-up in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“. Frank Thelen sicherte sich damals für 300.000 Euro 20 Prozent an Ankerkraut und bewertete den Gewürzhersteller mit 1,5 Millionen Euro. Gute fünf Jahre später dürfte sich der Unternehmenswert mehr als verhundertfacht haben. Über den Kaufpreis und die Bewertung wurde Stillschweigen vereinbart; im Podcast verrät Guntram Kieferle lediglich, dass man „ein vergleichbares Umsatz-Multiple wie Just Spices erzielen konnte“.

Der Umsatz von Just Spices soll Medienberichten zufolge bei rund 60 Millionen Euro liegen. Ankerkraut wird dem Private-Equity-Manager zufolge in diesem Jahr vermutlich „über 50 Millionen Euro“ umsetzen, dürfte sich also in einer ähnlichen Umsatzregion wie Just Spices bewegen. Dem Datenanbieter PitchBook zufolge wurde Just Spices beim Verkauf an den US-Strategen Kraft Heinz Ende 2021 mit schätzungsweise 206 Millionen Dollar bewertet (Implied Enterprise Value), was in etwa 190 Millionen Euro entspricht – ein Wert, der auch für Ankerkraut ganz plausibel erscheint.

Wir konnten in etwas über 20 Monaten deutlich über 2x Geld machen, was einem IRR von 50 Prozent entspricht.

Guntram Kieferle, EMZ Partners

EMZ Partners hat bei Ankerkraut richtigen Riecher

Guntram Kieferle zeigt sich jedenfalls sehr zufrieden mit der Rendite des Investments: „Wir konnten in etwas über 20 Monaten deutlich über 2x Geld machen, was einem IRR von 50 Prozent entspricht“, sagt der Private-Equity-Manager. Ursprünglich wollte EMZ nicht so früh aussteigen. Im August 2020 sagte Deutschland-Chef Klaus Maurer noch im Interview mit dem „Finance-Magazin“, es sei nicht geplant, in den nächsten drei Jahren Anteile zu verkaufen. „Üblicherweise engagieren wir uns länger als bei Ankerkraut“, sagt Guntram Kieferle im Podcast. Die typische Investmentperiode läge zwischen drei und fünf Jahren.

Bei Ankerkraut habe es aber dynamische Entwicklungen gegeben, die zu einem Umdenken geführt hätten. Zum einen habe sich das Unternehmen deutlich über Plan entwickelt. „Wir haben den 5-Jahresplan innerhalb von zwei Jahren übertroffen“, sagt Kieferle. Der Plan sah vor, den Umsatz in fünf Jahren zu verdoppeln und jährlich zweistellig zu wachsen. Zum Gewinn machte der Manager keine konkreten Angaben, nur so viel: „Das operative Ergebnis, sprich das Ebitda, hat sich im Vergleich zum Umsatz überproportional entwickelt und auch das Profitabilitätsniveau wurde signifikant gesteigert“, sagt Kieferle. Hinzu kam, dass das Marktumfeld aus Sicht von EMZ sehr günstig gewesen sei. Hier dürfte der Private-Equity-Manager auf den Just-Spices-Prozess anspielen, wo mehrere Strategen großes Interesse und eine entsprechende Zahlungsbereitschaft gezeigt haben sollen.

Wir haben den 5-Jahresplan innerhalb von zwei Jahren übertroffen.

Guntram Kieferle, EMZ Partners

Private Equity geht bei Just Spices und Ankerkraut leer aus

An beiden Unternehmen soll Private Equity interessiert gewesen sein. „Wir können ganz klar sagen, dass Private Equity bis zum Schluss eine sehr große Rolle in unserem Prozess gespielt hat“, sagt Kieferle. Sowohl das Gründer- als auch das Management-Team von Ankerkraut hätten sich das sehr gut vorstellen können. Dass mit Nestlé ein Stratege den Zuschlag erhielt, lag dem Private-Equity-Manager zufolge insbesondere an folgenden Synergien:

  1. Nestlé bringt ein internationales Distributionsnetzwerk mit,
  2. bietet zusätzliche Produktionskapazitäten,
  3. hat Zugang zu besseren Lieferkonditionen
  4. und punktet mit dem Austausch im gesamten Markenportfolio des Konzerns.

„Für Gründer, die Ihr Lebenswert in gute Hände geben möchten, sind das natürlich schlagkräftige Argumente“, sagt Kieferle. Und was sagen uns die beiden jüngsten Niederlagen von Private Equity bei Just Spices und Ankerkraut? Wenn ein Stratege ernst macht, kommen Finanzinvestoren zumindest im B2C-Geschäft nur schwer gegen die Synergien eines Großkonzerns an.

Buy-and-Build und IPO waren bei Ankerkraut kein Thema

Die typische Strategie von Private Equity griff weder bei Just Spices noch bei Ankerkraut. „Buy and Build im Sinne von M&A war zu keinem Zeitpunkt strategischer Fokus. Wir haben das Thema eher opportunistisch verfolgt“, sagt Kieferle. Konkrete Gespräche habe es nie gegeben, lediglich die Überlegungen, sich einen breiteren Zugang zur Lieferkette zu verschaffen. Auch das Thema Börsengang soll nicht wirklich Diskussionspunkt gewesen sein. „Der Fokus lag wirklich darauf, den passenden Partner für das Unternehmen zu finden und die Wachstums- und Internationalisierungsagenda zu forcieren“, sagt Kieferle. Und das geht mit einem Strategen offensichtlich besser als mit Private Equity.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Datawrapper zu laden.

Inhalt laden

EMZ im Kaufrausch: Acht Investments in unter zwei Jahren

Ankerkraut war kein typisches Private-Equity-Investment, aber es war der erste Deal von EMZ Partners in Deutschland. Seit dem Markteintritt 2020 haben die Franzosen bereits acht Investments gemacht; mit einem Team in München, das inzwischen fünf Investment-Professionals umfasst und von dem Ex-Silverfleet-Manager Klaus Maurer geleitet wird.

Auf den ersten Blick wirken die Transaktionen EMZ Partners wenig zusammenhängend, Kieferle nennt die Investmentstrategie „diversifiziert“ – und das gleich auf zwei Art und Weisen: a) diversifiziert nach Sektoren und b) diversifiziert mit Blick auf die Beteiligungsstruktur. „Der rote Faden bei allen Investments ist, dass wir immer an der Seite von Mitgesellschaftern investieren“, sagt Kieferle. EMZ sei spezialisiert auf sogenannte Management-sponsored Buy-outs. „Spannend ist für uns zum Beispiel auch ein LBO in zweiter oder dritter Generation, wo das Management als Käufer auftritt und seinen Anteil signifikant erhöhen möchte“, sagt Kieferle.  

EMZ Partners ist wieder im Fundraising

Grundsätzlich scheint der Private-Equity-Investor ein ziemlich breites Mandat zu haben. Mehrheit, Minderheit, Co-Investment, MBO, LBO, Nachfolge und bei Bedarf auch fremdkapitalähnliche Lösungen – all das kann EMZ Partners aus einem Vehikel heraus ausbilden. Aktuell finanziert der Finanzinvestor noch aus seinem bereits neunten Fonds, der 2020 aufgelegt wurde. „Der Fonds ist etwas über 1 Milliarde groß und wir sind inzwischen mehr oder weniger ausinvestiert“, sagt Kieferle.

Der Fonds ist etwas über 1 Milliarde groß und wir sind inzwischen mehr oder weniger ausinvestiert.

Guntram Kieferle, EMZ Partners

EMZ steckt also mitten im Fundraising für den nächsten Fonds, der rund 1,2 Milliarden Euro groß werden soll. Kleinere Deals wie Ankerkraut dürften mit fortschreitender Fondsgröße in Zukunft schwieriger werden. EMZ selbst sieht sich im Midcap-Segment zu Hause, und will dort auch bleiben. „Wahrscheinlich wird es so sein, dass wir uns in der Größenordnung ein bisschen nach oben bewegen und dann vielleicht ein oder zwei Deals mehr schreiben“, sagt Guntram Kieferle. Opportunistisch schaue man aber auch nach links und rechts – schließlich gibt es im Small-Cap-Markt auch recht schmackhafte Deals.

Die weiteren Themen im Podcast mit Guntram Kieferle

  • Was hat EMZ Partners mit Ankerkraut gemacht?
  • Was wurde aus dem geplanten Markteintritt in Frankreich?
  • Wie kam man überhaupt auf das Asset?
  • Warum Ankerkraut schon viel früher fast verkauft worden wäre
  • Was hat EMZ in Deutschland sonst so gekauft?
  • Gibt es hinter den vielen diversifizierten Deals so etwas wie einen roten Faden?
  • Wie sind die Investmentkriterien von EMZ Partners?
  • Was läuft da regelmäßig mit Maguar Capital?
  • Was sind die Wachstumspläne für das Deutschlandgeschäft?
  • Wann kommt der nächste Fonds von EMZ?
  • Und: Kann Guntram Kieferle kochen?!
  • Fragen-Quicky

Über all das und noch mehr haben wir in der aktuellen Folge mit Guntram Kieferle gesprochen, die wie immer überall dort zu finden ist, wo es Podcasts gibt: Apple, Spotify, Google, Deezer, Amazon. Wir wünschen eine würzige Restwoche und viel Spaß beim Hören. Let’s go!

philipp.habdank@whatsup-cf.de 

Info-Box: Noch mehr spannende Interviews aus der Corporate-Finance-Welt gibt's in unserer Podcast-Audiothek. Noch mehr Hintergründe und Analysen aus der Welt der Finanzinvestoren liefert die Themenseite zu Private Equity

Weitere Beiträge ...

... die Sie auch interessieren könnten.

Alter Schwede! Private Equity mal anders (#8)

22. Oktober 2021 | Private Equity
Von Philipp Habdank
200 Übernahmen, kein Exit und 1,5 Milliarden Euro Dry Powder. Lars Nottehed über die Investmentstrategie von Storskogen.
Anhören

So rechnet Private Equity (#6)

10. September 2021 | Leveraged Finance | Private Equity
Von Philipp Habdank
Der Podcast mit Kai Hesselmann über die Rechenspiele von Private-Equity-Investoren.
Anhören

Carcharodon Capital: Ein Start-up-Investor mit Biss (#18)

25. März 2022 | Private Equity
Von Philipp Habdank
Wie der Unternehmer Ingo Weber mit seinen FAS-Millionen und seinem Family Office Carcharodon Capital Start-ups jagt.
Anhören